(18.12.2024)
Auch die vierte Verhandlungsrunde für die Bayerische Speditions- und Logistikbranche ist ohne Ergebnis geblieben. Die Tarifverhandlungen zwischen dem LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure e. V. auf Arbeitgeberseite und der ver.di als Arbeitnehmervertreter wurden seitens der Gewerkschaft abgebrochen. „Leider haben die Gespräche zu keinem Ergebnis geführt“, sagt LBS-Geschäftsführerin Sabine Lehmann. „Damit ist in diesem Jahr 2024 kein Tarifabschluss mehr zu erwarten.“
Am Ende hatte der Arbeitgeberverband ein konkretes Angebot unterbreitet, dass sich in der Struktur am Metall-Abschluss vom 12. November 2024 für Bayern orientiert hat, im Volumen aber sogar noch darüber hinausgeht. „Damit haben sich die Unternehmen an die Grenzen dessen begeben, was in dieser Zeit der maximalen wirtschaftlichen Herausforderungen vertretbar ist“, so Lehmann.
Ver.di hat dieses Angebot abgelehnt. Unter anderem wurde wiederholt darauf verwiesen, dass nach Einschätzung der Gewerkschaft in einzelnen Unternehmen der KEP-Branche (Kurier-, Express- und Paketdienste) unter Einsatz von Arbeitskampfmaßnahmen ein höherer Abschluss durchsetzbar sei. Lehmann: „Ver.di setzt dabei bewusst einen sehr engen Fokus, der nicht die Realität der gesamten Branche abbildet. Dort lassen die aktuelle wirtschaftliche Situation ebenso wie die Aussichten für das kommende Jahr keine höheren Abschlüsse zu.“
Die Fokussierung auf wenige Unternehmen der KEP-Branche widerspricht, so der LBS, schon vom Grundsatz her der Funktion eines Flächentarifvertrages für die gesamte Speditions- und Logistikbranche: „Wir stehen in der Gesamtverantwortung für Betriebe verschiedenster Größe und mit vielfachen Aufgaben – vom Umzugsunternehmen über den Materialtransport auf dem Binnenschiff und per Bahn bis zur Versorgung von Einzel- und Großhandel.“ Deren wirtschaftliche Möglichkeiten und Perspektiven seien gleichrangig zu behandeln: „Den Auftraggebern der Speditions- und Logistikunternehmen, Industrie und Handel, geht es gerade schlecht und das wirkt sich ganz erheblich auf die Auftragslage unserer Mitgliedsunternehmen aus.“
„ver.di betreibt Rosinenpickerei. Die Gewerkschaft opfert sehenden Auges einen ausgewogenen, zeitnahen Abschluss für alle Beschäftigten in den tarifgebundenen Mitgliedsunternehmen für die vermeintlichen Interessen eines Teils ihrer Mitglieder – und lässt damit ihre Mitglieder in anderen Betrieben unnötig auf eine Lohnerhöhung warten,“ kritisiert der LBS. Die Tarifkommission des Arbeitgeberverbandes zeigt sich bestürzt über diese Form der Verhandlungsführung sowie die selektive und damit mangelhafte Interessenvertretung der Mitarbeiter in der ganzen Branche.
Lehmann betont: „Ziel des LBS bleibt ein zügiger Abschluss, der die beiderseitigen Interessen berücksichtigt. Wir weisen dabei mit Nachdruck darauf und zum wiederholten Male auf die gesamtwirtschaftliche Situation hin, die sich nicht mit Scheuklappen ausblenden lässt. Die Entwicklungen allein schon im Bereich Automotive und die daraus resultierenden Veränderungsprozesse sprechen hier eine deutliche Sprache, andere Branchen reihen sich täglich mit negativen Perspektiven ein. Steigende Insolvenzen, stagnierender Arbeitsmarkt, zunehmende Kurzarbeit, drohender Stellenabbau und schlechte Konjunkturerwartungen prägen das Bild der gesamten deutschen Ökonomie für 2025 und bis auf weiteres danach.“
Der LBS ist sich bewusst, dass es vor diesem Hintergrund keine einfache Lösung für die Tarifverhandlungen geben würden. Zumal die Vorstellungen der Arbeitnehmerseite sowie der Arbeitgeberseite für die diesjährige Runde extrem weit auseinanderliegen. Die Gewerkschaft ver.di ist mit einer Forderung in Höhe von 368 € pro Monat für jeden Beschäftigten sowie 184 € für Auszubildende in jedem Ausbildungsjahr ab dem 1. Dezember 2024 in die Verhandlungen gestartet und versucht, die Löhne und Gehälter in diesem Rahmen anzugeben. „Das wäre in der Spitze eine Erhöhung von mehr als 14 % gewesen“, rechnet Lehmann vor. „Dies ist schon für sich für sich allein genommen ein unrealistischer Wert, aber noch mehr im Kontext mit Abschlüssen anderer Branchen, von deren Aufträgen unser Wirtschaftszweig abhängig ist.“
Vor diesem Hintergrund waren die Spielräume für einen Tarifabschluss von Anfang an sehr eng und der gegenseitige Bewegungsbedarf groß: „Dass unser Entgegenkommen mit einem Abbruch der Gespräche beantwortet wurde, deutet darauf hin, dass der Gewerkschaft ihre Lust am selektiven Pokern wichtiger ist als das Wohl aller Beschäftigten, das sie eigentlich im Auge haben sollte.“